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Transkriptionskonventionen

Die phonetisch-impressionistischen Transkriptionen der REDE-Aufnahmen wurden von phonetisch geschulten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angefertigt. Ziel war es, Konsenstranskripte zu erstellen, die zum einen so fein wie möglich sind und zum anderen reliabel bleiben. Als Konsenstranskripte werden phonetisch-impressionistische Transkripte verstanden, die von einer Person erstellt und von einer anderen Person kontrolliert werden.
Zur Transkription wurde das Symbolinventar der IPA Chart (2005) verwendet, das mit dem Transkriptionseditor leicht wiedergegeben werden konnte. Zum Erarbeiten gemeinsamer Transkriptionskonventionen und zum gegenseitigen Eichen wurden in der Regel wöchentliche Transkriptionssitzungen gehalten.
Die erarbeiteten Konventionen werden nachfolgend thematisch sortiert (Allgemeine Konventionen, Vokale etc.) wiedergegeben. Über die linke Tabellenspalte mit Stichwörtern und Symbolen (Zweifelsfälle, „-“ etc.) gelangt man zu den dazu vereinbarten Konventionen.

Allgemeine Konventionen

SonderzeichenSonderzeichen aus der OGT (orthographischen Transkription) werden nicht transkribiert.
(…)Wörter, die nicht phonetisch transkribiert werden, werden mit „(…)“ notiert; gilt auch für Häsitationslaute, Schmatzgeräusche oder ähnliches.
Assimilationsverdopplungen werden mit „-“ am assimilierten Segment markiert. Beispiel: [ʊnd̥ -d̥-ɐn] für „und dann“.
[V̆]„[V̆]“ ist Platzhalter für unverständliche, extrem kurze Vokale.
[?]„[?]“ ist Platzhalter für unverständliche Konsonanten.
?Mit „?“ ausgezeichnete Wörter müssen in der Kontrolle überprüft werden; weiteres Vorgehen: sind die Kontrollierenden mit dem Vorschlag einverstanden, wird „?“ entfernt; andernfalls wird die Passage durch „(…)“ ersetzt.
ZweifelsfälleIn Zweifelsfällen fällt die Entscheidung in der piT (phonetisch-impressionistischen Transkription) für die Standardsprache und nicht für die Zielvarietät.
Wenkersätze im intendierten Ortsdialekt (WS IOD)Bei der Transkription der WS IOD wird die Setzung der „absence-of-a-break“-Zeichen (= Leerzelle in der Excel-Tabelle) bzw. der Assimilationsverdopplung anders gehandhabt als bei den übrigen Aufnahmesituationen und zwar: passend zur Zielvarietät und im Zweifel für den intendierten Ortsdialekt.

Markierung sprecherspezifischer Merkmale

pathologische MerkmalePathologische Merkmale (z. B. Sigmatismen, Prothesen) werden im Transkriptionskopf vermerkt, die zugehörigen segmentalen Abweichungen werden dann nicht mehr transkribiert.
creaky voiceCreaky voice wird nicht notiert, wenn ein Sprecher durchgängig mit creaky voice spricht, in solchen Fällen wird „creaky voice“ im Transkriptionskopf vermerkt.

Vokale

[  ̝] – [  ̞]Ein Vokal mit dem diakritischen Zeichen „[ ̝ ]“ für „gehoben“ entspricht dem Vokal, der eine Stufe darüber liegt mit dem diakritischen Zeichen „[ ̞ ]“ für „gesenkt“.
VokalquantitätVokalquantitäten werden abhängig vom Sprechtempo nur dann abweichend von der Standardsprache transkribiert, wenn sie auditiv auffällig von dieser abweichen; akustische Messwerte spielen dabei keine Rolle.
[a̱]„[a̱]“ – „[a]“ mit dem Diakritikum „[  ̠]“ für „retracted“  entspricht dem standardsprachlichen /a/, gleiches gilt für den Langvokal.

Konsonanten und Approximanten

[t]„[t]“ steht für ein normales gelöstes [t] ohne Aspiration.
[x] – [χ]„[x]“ und „[χ]“ werden nach den Regeln von Kohler (1995) transkribiert, d. h. [x] nach hohen und mittelhohen Hinterzungenvokalen (z. B. [buːx] <Buch>, [hoːx] <hoch>), [χ] nach tiefen und mitteltiefen Hinterzungenvokalen (z. B. [ba̠χ] <Bach>, [dɔχ] <doch>) notiert – insofern kein auditiver Eindruck einer Standardabweichung besteht.
[ ̬ ] – [ ̥ ]Ein stimmloser Laut mit dem diakritischen Zeichen
„[ ̬ ]“ für „stimmhaft“ entspricht dem zugehörigen stimmhaften Laut mit dem diakritischen Zeichen
„[ ̥ ]“ für „entstimmt“
Folgt ein glottaler Frikativ auf einen aspirierten Plosiv, so wird der Frikativ mit „-“ ausgezeichnet,
z. B. [ʔɪ̞kʰ -h-ɛf] <ich habe>
(hier FLALT1_WS_Dialekt im SprachGIS anhören); dies gilt nicht für nasale oder laterale Lösung
[ʁ] – [ʁ̞]Je nach Geräuschanteil wird zwischen dem stimmhaften velaren Frikativ „[ʁ]“ und dem stimmhaften velaren Approximanten „[ʁ̞]“ unterschieden.
[ʋ] – [β̞]
[v] – [β]
„[ʋ]“ und „[β̞]“ bzw. „[v]“ und „[β]“ sind Alternativen, die nicht genau unterschieden werden können. Es ist aber wichtig, zu markieren, dass ein Approximant vorliegt und kein Frikativ.

Ligaturbogen

DiphthongeNur „echte“ Diphthonge (also Diphthonge, die einem Phonem zugeordnet werden können) werden mit Ligaturbogen notiert (d. h. keine Diphthonge, die durch vokalisiertes /r/ und /l/ entstehen oder durch zwei adjazente Vokale, die nicht zu derselben Silbe gehören, z. B. [dia̠lɛkt] <Dialekt>, [ʃta̠t͡sioːn] <Station>).
Vokalbewegungen vor /r/Vor /r/ nach Vokal werden Vokalbewegungen mittranskribiert (als einzelne Segmente ohne Ligaturbogen). Hintergrund: Diese Vokalbewegung wird überregional nicht gleichermaßen realisiert, zudem kann /r/ auch ohne die Vokalbewegung artikuliert werden, z. B. [ɔɐʁən] <Ohren>, [tiəɾ] <Tier>.
AffrikatenHomorgane Affrikaten und /k͡s/, die nicht durch Segmentausfall entstanden sind, werden mit Ligaturbogen notiert, z. B. [ʃtɛɐk͡stə] <Stärkste>, [ha̠t͡st] <hattest>. Wird in einer Affrikate der Plosiv zum Frikativ, wird der Ligaturbogen trotzdem notiert, z. B. [zɛx͡s] <sechs>.

Diakritika

[n͊]Über das Inventar der IPA Chart (2005) hinaus wird das Diakritikum „[n͊]“ für „denasal“ verwendet und kann im Transkriptionseditor über den Unicode 034a eingegeben werden.
KürzungszeichenBei einer kurzen zweiten Diphthongkomponente werden Kürzungszeichen gesetzt, z. B. [a͡ĕ].
[ⁿ] – [ˡ]Die Diakritika „[ⁿ]“ bzw. „[ˡ]“ für „nasal release“ bzw. „lateral release“, werden notiert, wenn ein Plosiv ohne vokalischen Übergang und ohne eigenes Lösungsgeräusch in einen Nasal bzw. Lateralapproximanten übergeht, und zwar unabhängig von den Artikulationsorten der beiden Laute.
[ ̩ ]Das Diakritikum „[ ̩ ]“ für „silbisch“ markiert einen Sonoranten als Silbengipfel und wird immer dann transkribiert, wenn kein vokalischer Silbengipfel (mehr) vorhanden ist. Das Silbigkeitsdiakritikum wird verwendet, wenn vom auditiven Eindruck her ein Konsonant einen Silbengipfel trägt und zwar zunächst unabhängig davon, ob dadurch eine plausible Silbenstruktur entsteht. Wenn das Lautcluster [+VOC][ln] auftritt und [n] Teil einer Reduktionssilbe ist, so erhält nicht [l], sondern [n] das Diakritikum „silbisch“, Bsp. <gefallen> [ɡəfa̠ln̩].
[ ̃ ]Nasalierung „[ ̃ ]“ wird nur dann markiert, wenn sie regional/dialektal motiviert ist.

Literatur

Kohler, Klaus J. (1995). Einführung in die Phonetik des Deutschen. 2. Aufl. Berlin, E. Schmidt.