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Messkontrollen

Die Messkontrollen dienen dazu, die mithilfe des Programms Phonetische Abstandsmessung (kurz PAM) ermittelten Differenzphänomene zwischen einer regionalen Sprachprobe und ihrer orthoepischen Entsprechung (d.h. der kodifizierten Standardsprache) zu kontrollieren.

Die Messung des phonetischen Abstands und die Ermittlung des D-Werts zielen darauf ab, den Grad der Dialektalität von sprachlichen Äußerungen zu ermitteln. Mit der Messkontrolle ist die Ermittlung des D-Werts für eine regionale Sprachprobe abgeschlossen. Liegen für einen Sprecher D-Werte für alle REDE-Aufnahmesituationen vor, kann eine Spektrumsanalyse erstellt werden.

Konventionen

Die Messkontrollen erfolgten durch phonetisch geschulte wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Als standardsprachliche Referenz der gemessenen regionalen Sprachproben in der REDE-Neuerhebung wurde das Duden-Aussprachewörterbuch (6. Auflage, 2005) herangezogen.

Um den Dialektalitätsgrad einer regionalen Sprachprobe bestimmen zu können, müssen Assimilations-, Reduktions- und Tilgungsprozesse, die unabhängig vom regionalen Hintergrund der Gewährspersonen gebildet werden und die besonders in der freien gesprochenen Sprache auftreten, bei den bewerteten Differenzphänomenen unberücksichtigt bleiben.

Die untenstehende Tabelle listet die wichtigsten realisationsphonetischen Phänomene mit Beispielen (vgl. Herrgen et al. 2001, 6–7). Die Phänomene orientieren sich an Kohler (1995, 201–220) und werden bei der Ermittlung des D-Werts nicht gewertet.

realisationsphonetische PhänomeneBeispiele: regionale Sprachprobe vs. kodifizierte Standardsprache
Ausfall von [ə] nach akzentuiertem Vokal
vor Nasal oder Liquid
[ˈeːbn̩] vs. [ˈeːbən] (eben)
regressive und progressive Assimilation des
Artikulationsortes: alveolar > labial
regressiv: [ambɪndn̩] vs. [anbɪndn̩] (anbinden)
progressiv: [ziːbm̩] vs. [ziːbn̩] (sieben)
regressive und progressive Assimilation der
Artikulationsart: Plosiv > Nasal
regressiv: [zɪŋnaːl] vs. [zɪɡnaːl] (Signal)
progressiv: [ʊmɘnɛnən] vs. [ʊmbɘnɛnən] (umbenennen)
progressive Assimilation der Stimmlosigkeit[ʁaːtsaːm] vs. [ʁaːtzaːm] (ratsam)
Ausfall von /t/ in dreifachem Konsonantencluster[ma͡ens] vs. [ma͡ent͡s]
(Mainz)
Reduktion finaler Geminaten[eːmː] vs. [eːbən] (eben)
Verschlussvermeidung[haːβ̞ə] vs. [haːbə] (habe)
Sonorisierung des Frikativs [s] in einem langen Takt[das mʊz ɪç ˈmaxn̩] vs. [das mʊs ɪç ˈmaxn̩] (das muss ich machen)
schwache Form der Modalpartikel mal[ma] vs. [maːl]
Opposition der Vokallänge in schwachen Formen,
meist bei Pronomina, Artikeln, Formverben, Präpositionen, Konjunktionen und Adverbien
[fyːɐ] vs. [fʏɐ] (für)
Reduktionen frequenter Pronomina, Artikel, Präpositionen, Konjunktionen, Adverbien und bestimmter Hilfs- und Modalverben[vɐ] vs. [viːɐ] (wir)
[n̩] vs. [a͡enən] (einen)
Tabelle 1: realisationsphonetische Phänomene (vgl. Herrgen et al. 2001, 6–7)

Literatur

Duden = Mangold, Max (2005). Duden. Das Aussprachewörterbuch. 6. Aufl. Mannheim [u.a.], Duden-Verl.

Herrgen, Joachim/Lameli, Alfred/Rabanus Stefan/Schmidt, Jürgen Erich (2001). Dialektalität als phonetische Distanz. Ein Verfahren zur Messung standarddivergenter Sprechformen. Online verfügbar unter http://archiv.ub.uni-marburg.de/es/2008/0007/pdf/dialektalitaetsmessung.pdf (abgerufen am 02.11.2023).

Kohler, Klaus J. (1995). Einführung in die Phonetik des Deutschen. 2. Aufl. Berlin, E. Schmidt.